Zehntes Kapitel: Abschied (Bauchraumparasiten)
Ich erwachte von einem lauten Krachen. Ich war schon aus dem Bett und im Wohnzimmer, bis ich auch nur ansatzweise wach war.
Eine Kuh lag auf meiner Couch, die nicht für mehrere hundert Kilo Kobe ausgelegt war und bei der darum die Beine weggebrochen waren.
„Scheiße, das war kein Traum“, erkannte ich und war nun endgültig wach. Kunigunde hatte zumindest den Anstand, verlegen auszusehen.
Aber wenn das Rindvieh auf der Couch lag, wo war dann Veronique? Ich lief ins Badezimmer. Als ich die kleine Tür aufriss, wallte mir ein unfassbarer Gestank entgegen. Die Ursache war nicht schwer auszumachen – in der Duschwanne prangte ein gigantischer, grüner Kuhfladen. Von Veronique keine Spur. Sie hatte noch etwas wirres Zeug geredet und war dann sehr schnell eingeschlafen. Und jetzt war sie weg.
„Böse Kuh!“, rief ich empört und drehte den Wasserhahn auf. Langsam arbeitete sich der Strahl durch die zähe Kuhkacke. „Böse, böse Kuh!“
Ich lief ins Schlafzimmer, suchte dort nach Veronique. Dann rief ich laut ihren Namen. „Ja sicher, du Honk!“, schalt ich mich selbst. „Vermutlich hat sie sich im blauen Salon deines Anwesens verirrt.“
Wenn sie nicht im Bad, im Schlafzimmer oder im Wohnzimmer war, war sie nicht mehr da. Schon wieder hatte sie mich sitzen lassen. Erst hängte sie mir eine magische Version des Herpes an, faselt von epischer Macht und Dämonenjagden und dann verzieht sie sich. Vielleicht war auch die Demenz nur eine elaborierte Show gewesen, um mir bloß nichts Nützliches zu verraten.
„Schlampe!“, sagte ich und Kunigunde muhte bestätigend. Ich trat zu der Kuh und entdeckte, dass sie Farbe auf dem Fell hatte. Bei näherer Betrachtung stellte sich die Farbe als Lippenstift und Schriftzeichen heraus. „Bergamottenweg 11“, las ich. „Hat Veronique das geschrieben?“
Kunigunde muhte erneut.
„Ist sie dort?“
Kunigunde schaute mich an und schlackerte mit den Ohren, als wollte sie sagen: „Ich bin eine Kuh, Jim, keine Wahrsagerin.“
„Hast ja Recht.“ Ich entschloss mich gegen eine Dusche, denn der Wasserstrahl hatte den Fladen zwar mittlerweile weggespült, aber ich würde da erst wieder reinsteigen, wenn ich einen Liter Desinfektionsmittel durchgejagt hätte. Auf der anderen Seite war es natürlich beachtlich, dass Kunigunde für ihr Geschäft ins Bad gegangen war, statt es einfach in mein Wohnzimmer fallen zu lassen.
„Du bist ein kluges Tier!“, lobte ich sie, nachdem ich mir die Zähne geputzt hatte und mich wieder anzog. Sie stand auf und trottete zu mit, stieß mich mit ihrer feuchten Schnauze vorsichtig an und brummte leise. Ich streichelte sie hinter den Ohren und sie schloss wohlig halb die Augen.
„Sieht so aus, als wären wir beide jetzt ein Team, hm?“, murmelte ich und lehnte den Kopf auf den harten Kuhschädel. Es klingelte.
„Scheiße, wer ist das denn?“
Ich sah mich hektisch um, aber natürlich gab es in meiner Wohnung keinen Ort, an dem man eine Kuh verstecken konnte. „Keinen Ton!“, mahnte ich Kunigunde und wollte die Sache aussitzen, aber da klopfte es an der Tür.
„Herr Klaus?“
„Holger“, korrigierte ich automatisch.
„Öffnen Sie bitte! Polizei!“
Es lief mir eiskalt den Rücken runter bis in die Zehspitzen. Die Bullen! „Red du mit ihnen, ist Verwandschaft“, flüsterte ich Kunigunde zu und lachte hysterisch auf.
Natürlich kommt die Polizei, wenn man mitten in der Nacht einen Irren umbringt. Was hatte ich mir denn gedacht? Dass es niemandem auffällt, dass ich 666 gekillt hatte? Da rettet man die Welt vor einem widerwärtigen Dämon, und dann kommt das deutsche Beamtentum und will einem dafür ans Zeug flicken.
„Herr Klaus?“
„Holger!“, sagte ich verärgert und stapfte zur Tür. Ich würde die Angelegenheit wie ein Mann regeln. Lebend würden sie mich nie kriegen. Ich hielt mitten im Schritt inne. Was dachte ich denn da für einen Schwachsinn? Ich würde doch nicht mit der Polizei kämpfen. Erstens konnten die Beamten doch für nix was und zweitens hatten die Pistolen.
„Herr Klaus!“
Ich riss die Tür auf und brüllte: „Holger!“
Das Pärchen vor der Tür machte überrascht einen Schritt zurück. „Bitte?“, fragte der Mann, ein korpulenter Mittvierziger, der nach der Pubertät vergessen hatte, den dünnen Schnurrbart loszuwerden.
„Klaus Holger. Holger ist der Nachname.“
„Ach so“, sagte die Frau, die jünger und schlanker war, wegen eines runden Mondgesichts aber nicht so wirkte. „Herr Holger.“
„Genau. Was gibt’s?“ Ich versuchte lässig zu wirken und lehnte mich an den Türrahmen. Dummerweise verpasste ich den Rahmen und torkelte daran vorbei ins Bad, stolperte über den Läufer und landete auf dem Klo.
Der Kopf des Polizisten schob sich in die Wohnung. „Alles in Ordnung, Herr Klau…Holger?“ Er rümpfte die Nase, denn es schwebte immer noch ein Hauch Allgäuer Landluft in der Wohnung.
„Ja, nur …“ Ich rappelte mich auf und kam wieder zur Tür. „Missgeschick.“
Beide nickten. „Kennen Sie diese Frau?“, fragte die Polizistin nach einer kurzen Pause und hielt mir ihr Handy unter die Nase. Darauf war ein Foto der alten Veronique, in einem Krankenhauskittel. „Ja, nein, warum?“, stammelte ich.
„Die Dame hatte ihren Namen und ihre Adresse auf ihrer Handfläche stehen.“
„Ach … ach so … jaaaaa …“ Ich versuchte mir eine plausible Erklärung dafür einfallen zu lassen, aber es herrschte Leere in meinem Kopf.
„Ist sie eine Bekannte? Eine Verwandte?“, fragte der Polizist und wirkte mittlerweile misstrauisch.
„Das ist … Tante Veronique“, sagte ich schließlich. Wenn ich jemals rausfinden wollte, was es mit dieser ganzen Sache auf sich hatte, würde ich mit ihr reden müssen. „Sie ist zu Besuch in der Stadt, aber ein wenig verwirrt. Wo kann ich sie abholen?“
Beide Polizisten änderten ihre Körperhaltung. Das Misstrauen wich und machte professioneller Betroffenheit Platz.
Der Polizist holte tief Luft, dann sagte er mit warmer Stimme. „Herr Klaus …“
Seine Kollegin stupste ihn bemüht unauffällig in die Seite.
„Holger“, korrigierte sich der Beamte. „Wir müssen ihnen leider mitteilen, dass ihre Tante verstorben ist. Mein herzlichstes Beileid.“
„Scheiße!“, fluchte ich, was die beiden Beamten verblüffte. „Verdammte Scheiße!“
„Äh, haben sie jemanden, der … sollen wir jemanden anrufen?“
„Was?“, fragte ich.
Nun sprach die Frau wieder: „In solchen aufwühlenden Momenten ist es wichtig, jemanden zu haben, mit dem man …“
„Ach so. Jaja, Kunigunde ist da“, sagte ich gedankenverloren. Was sollte ich denn jetzt machen? Ich fühlte mich wie He-Man, der vergessen hatte, wie man die Macht von Greyskull beschwor. Wie Superman mit Kryptonit-Zahnfüllung. Wie Iron Man ohne Akkuleistung.
„Sollen wir vielleicht kurz reinkommen …“
„Nein!“, rief ich entsetzt. „Alles gut, komm schon klar, armes Tantchen, schönen Tag noch!“
Ich schob die Tür zu.
„Herr Klaus?“, hörte ich den Polizist.
„Holger, der Mann heißt Klaus Holger!“ Das war seine Kollegin. „Wie kann man denn mit einem so schlechten Namensgedächtnis Polizist werden?“
„Boah, Raffaela, menstruierst du wieder, oder was?“
„Du mit deinen Machosprüchen.“
„Wir hätten niemals miteinander schlafen sollen.“
„Niemals!“, stimmte sie ihm zu.
Eine kurze, für mich sehr peinliche Pause folgte. Dann hörte ich sie die Treppen heruntergehen.
Etwas stuppste mich in den Rücken. Es war Kunigunde. „Wie kannst du dich so anschleichen? Du hast Hufe!“, wunderte ich mich, schlang dann aber meine Arme um ihren Hals. „Ach Kunigunde, jetzt sind wir allein.“
Dabei konnte ich noch nie gut allein sein.
Meine Eltern sind zum Kegeln gegangen. Normalerweise passt in so einem Fall immer meine Oma oder die nervige Klaudia von nebenan auf mich auf. Aber Oma ist krank und Klaudia hat auch keine Zeit, darum haben meine Eltern beschlossen, dass ich mit acht Jahren alt genug war, um einen Abend allein zu bleiben.
Ich finde diese Aussicht großartig. Die gesamte Süßigkeitenschublade war mein und ich habe schon herausgefunden, dass mit „Alien“ ein Film kommt, den meine Eltern mich niemals würden gucken lassen.
„So, Bub, bist fein artig, ja?“, sagt mein Vater und tätschelt mir den Kopf. „Kannst dir auch ein Bonbon nehmen.“
Eins? Ha! Ich kann nur mit Mühe den Impuls unterdrücken, die Arme auszubreiten, ein diabolisches Bösewichtgelächter auszustoßen und zu rufen: „Mein! Mein! Es ist alles mein!“
„Im Kühlschrank sin Reste vom Braten“, sagt meine Mutter. „Und Apfelsaft.“
Vor meinem geistigen Auge fährt ein Blitzstrahl nieder und ich lache ihr entgegen: „Apfelsaft? Ha! Ich werde Cola trinken!“
Kaum sind meine Eltern zur Tür raus, bereite ich alles vor. Ich werfe der Zahnbürste im Vorbeigehen einen höhnischen Blick zu, nehme mir Kekse, ziehe eine der hinteren Flaschen aus dem Colakasten neben dem Küchenschrank und treffe dann eine bescheidene Auswahl an Süßigkeiten. Nur so viel, wie ich mir auf beide Arme laden kann.
Da ich noch einige Minuten Zeit hatte, hole ich mir das „Playboy-Witze“-Buch meines Vaters aus der zweiten Reihe und lese darin. Die meisten Witze verstehe ich nicht, aber allein das Gefühl, in verbotenem Wissen zu wühlen, verschafft mir eine Gänsehaut.
Dann geht der Film los, und er ist alles und mehr, als ich mir erhofft hatte. Ein Raumschiff! Unfassbar coole Leute! Waffen!
Als das Mini-Alien aus dem Typen schlüpft, hole ich mir eine Decke und wickele sie mir um die Füße. Als das Alien die ersten massakriert, schlüpfe ich ganz drunter. Das Ende des Films sehe ich nur noch aus einem kleinen Schlitz zwischen der Decke und der Couch, denn ich habe mich vollständig darunter verkrochen. Ich muss schon seit einer halben Stunde fürchterlich aufs Klo, aber ich traue mich nicht mehr, den sicheren Hafen der Couch zu verlassen.
Aber es muss sein. Also plane ich jeden Schritt. Dann reiße ich mir die Decke herunter, sprinte zum Flur, schlage das Licht an, schlittere um die Ecke aufs Klo. Ausnahmsweise setze ich mich hin, damit ich die Klobürste als Waffe vor mich halten kann. Aber das ist eine schlechte Waffe. Stattdessen hole ich mir das große Holzschwert aus meinem Zimmer.
Auch die Wiederholung von Klimbim kann mich trotz der nackten Ingrid Steeger und völlig kindungerechter Späße nicht beruhigen. Als ich schließlich im Bett liege, umklammere ich das Schwert noch immer.
Ein lautes Geräusch reißt mich aus dem Schlaf. Das Alien! Ich komme irgendwie auf die Beine, da ist es auch schon im Raum. Ich schleudere dem schwarzen Ungetüm die Decke entgegen und es geht zu Boden. Sofort bin ich über ihm. „Mir legst du kein Ei in den Bauch!“, kreische ich und schlage mit dem Holzschwert auf die sich windende Monstrosität ein.
Da legt sich ein eiserner Griff um mein Handgelenk und das Licht geht an. Mein Vater starrt mit schnapsgerötetem Gesicht auf mich hinab und schüttelt mich. „Wat soll dat denn?“
Meine Mutter kriecht unter der Decker hervor und schon jetzt wachsen ihr zwei prächtige Beulen auf der Stirn.
Einen Monat Hausarrest und Fernsehverbot finde ich aber trotzdem übertrieben.
Die Adresse, die Veronique mir hinterlassen hat, stellte sich als kleines, freistehendes Haus mitten in der bergischen Pampa heraus. Es hatte nur einen Stock, eine Schieferfassade und vermutlich weniger Quadratmeter Grundriss als das Herrenklo bei McDonalds, dafür aber eine hochmoderne Schließanlage. Statt eines Schlosses hing nur eine runde Fischaugenlinse neben der Tür.
„Und nu?“, fragte ich die Tür. Ich winkte vor der Kamera hin und her und mein Protektorsiegel kribbelt. Dann summt der Türöffner und ich schob mich hinein. Ob das Siegel der Schlüssel war?
Ich lachte in den engen Flur des Hauses, als ich mir vorstelle, wie Veronique ihren Hintern in die Kamera hielt, um in dieses Haus zu kommen.
Eine steile Stiege führte nach oben, eine weitere nach unten. Auf diesem Stockwerk fand ich eine Küche mit einem Holzofen und ein kleines Wohnzimmer. Dies war definitiv das Haus einer Frau, denn überall lagen bunte Kissen unterschiedlichster Größe herum und Ikea-Läufer verdeckten die alten Holzbohlen. An der Wand hingen Fotos von verkleideten Babys und Duftkerzen vermischten sich mit dem modrigen Schimmelgeruch des alten Gemäuers. Der Fernseher war modern, aber nachgerade lächerlich klein.
„Hallo?“, versuche ich es. Keine Antwort. Der Kühlschrank ist mit Gemüse und fettarmen Milchprodukten vollgestopft und eine halbleere Flasche Prosecco steht in der Tür. „Ein Pfund Klischees, irgendjemand?“
Kopfschütteln stieg ich die steile Holztreppe hinauf. Ein Futon auf einem Klappgestell und drei große Kleiderschränke dominierten das Zimmer. Ein Dachgeschoss gab es nicht – man blickte direkt auf das Dachgebälk und einige dort eingesetzte, großformatige Panoramafenster.
„Die Heizkosten müssen mörderisch sein“, mutmaße ich und öffnete den Kleiderschrank, nur um ihn sofort wieder zuzuwerfen. Reizwäsche … ein ganzer Schrank voll Reizwäsche. Vorsichtig schob ich die Tür wieder auf. Das Innere sah aus wie ein Beathe-Uhse-Katalog. Spitze, Seide, Rüsche … Nachdem mein erster Schock abklang, entpuppte sich das meiste jedoch als zwar kokette, aber normale Unterwäsche.
Ich fröstelte, als ein kühler Wind mir um den Nacken blies. Vielleicht sollte ich den Ofen anwerfen.
„War ja klar!“ hauchte jemand hinter mir.
Ich wirbelte herum und riss die Arme in der Imitation einer Karatestellung hoch. Aber da war niemand. „Ha…hallo?“, stammelte ich äußerst männlich. Keine Antwort. Es war wohl alles ein bisschen zuviel, in den letzten Tagen.
„Erstmal die Unterwäsche durchwühlen! Ferkel!“ Wieder erklang die Stimme hinter mir, wieder wirbelte ich herum. Nur stand ich mittlerweile so nah am Schrank, dass ich gegen die Unterkante trat, das Gleichgewicht verlor, und Kopfüber in die Seide stürzte.
Ein sphärisches Lachen durchwogte das Schlafzimmer und ich zappelte und wand mich, bis ich wieder auf die Füße kam.
„Wer ist da?“, rief ich und drehte mich um die eigene Achse, denn das Lachen kam von überallher.
„Wer soll hier schon sein?“, fragte die Stimme und so etwas wie matt leuchtender Nebel bildete sich einige Schritte vor mir. Er zog sich pulsierend zusammen, bis in der grauen Wand eine Gestalt zu erkennen war. Sie sah aus wie …
„Veronique?“
„Natürlich, du Dummkopf. Glaubst du, ich lasse dich einfach allein?“
„Das ist so nett von …“
„Da kann ich dem Bösen ja gleich einen Gutschein über die Herrschaft auf Erden ausstellen.“
Ich zog einen Flunsch. Veronique lächelte, und da ihr Geist aussah wie ihre junge Version, besänftigte mich dieser Anblick ein wenig.
„Jetzt schmoll mal nicht“, sagte sie. „Nimm das Höschen vom Kopf, das sieht albern aus, und dann komm in den Keller.“
Peinlich berührt griff ich mir an den Kopf und zog mir einen roten Spitzen-Tanga aus den Haaren. Nach einem kurzen Moment des Zögerns steckte ich ihn in die Tasche.
Dann eilte ich die Treppen hinunter und stand vor einer schweren Metalltür, die am unteren Ende den Zugang zum Keller versperrte.
Veroniques Geist schwebte halb in der Wand, nur ihr Oberkörper ragte in den engen Flur. „Die Kombination ist 90-82-105.“
„Wie deine Maße?“, riet ich, während ich das Tresorrädchen in der Tür drehte.
„Hallo? 82? 105?“ Veronique blickte empört an sich hinab. „Du spinnst wohl!“
Die Tür ließ sich öffnen, und dahinter offenbarte sich eine gänzlich andere Welt. An der nackten Steinwand hingen martialische Klingenwaffen, Schilde, Rüstungsplatten. Auf der anderen Seite war ein Steckbrett angebracht, an dem Pistolen und sogar eine Schrotflinte hingen. Zahlreiche große Aktenordner schließlich dominierten die dritte Wand.
„Willkommen in unserer Waffenkammer und unserem Archiv“, sagte Veronique, schwebte zur Mitte des Raumes und drehte sich dort einmal um ihre eigene Achse.
„Und was soll ich hier?“ Ich rümpfte die Nase, denn es roch nach Muff und altem Papier.
Veronique kam auf mich zugeschossen und ich musste an die Szene mit der Bibliothekarin in Ghostbusters denken. Aber ihr Gespenstergesicht blieb so attraktiv wie eh und je, wenn auch ein bisschen durchscheinender.
„Du sollst lernen, du Hohlbirne. Ich werde nicht immer hier sein können. Die Grenze aus dem Totenreich zu überwinden ist anstrengend und Zeit vergeht dort anders als hier. Ich werde versuchen, dir zur Seite zu stehen, aber ich kann es nicht garantieren.“
„Ach“, sagte ich. „Soll ich dich dann ab jetzt Deus nennen?“
„Wieso Deus?“
„Na, wie in Deus Ex Machina. Die Lösung, die auftaucht, wenn der Held in verzweifelter Lage ist und …“
„Da haben wir schon den ersten Fehler“, sagte Veronique und schwebte zu einer Arbeitsplatte, auf der ein Laptop stand.
„Hu?“
„Du bist kein Held. Noch nicht. Aktuell bist du noch ein dickärschiger Vollnerd mit dem Verstand einer Stubenfliege und einem Wissen über die übernatürliche Welt, die auf einen Stecknadelkopf passt.“
Langsam wurde ich aber doch ziemlich wütend. Ich ging zu Veronique und wollte sie stupsen. Aber meine Hand glitt durch ihre Schulter bis in ihren Brustkorb. Meine Finger wurden eiskalt und mir wurde schwindelig.
Veronique stieß ein Kreischen aus und huschte zur Seite. „Lass das!“
Ich musste mich auf den Stuhl vor der Arbeitsplatte fallen lassen und brauchte einige Sekunden, um wieder klar zu werden.
„Was war das denn?“
„Das war ein kurzer Kontakt mit der Welt der Toten. Ich sag doch, du hast keinen blassen Schimmer. Also fang an zu lernen.“ Veronique schwebte langsam zu mir und lächelte auf mich hinab. „Verbock’s nicht, Klaus.“
Dann löste sie sich langsam auf. „He, Nein! Ich … Ich hab doch keine Idee, wo ich anfangen soll.“
Aber da war Veroniques Geist vollständig verschwunden.
Na toll, dachte ich. Das ist so, als wenn man Batman erstmal zum Pauken in die Grundschule schickt.
„Fangen wir mit dem Wichtigsten an“, beschloss ich, startete den Laptop (kein Passwortschutz – wer war hier der N00b?) und suchte nach Youtube-Videos dazu, wie man eine Pistole benutzte.